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Transplantierte Menschen haben vor allem aufgrund ihrer lebenslang notwendigen immunsupprimierenden Behandlung ein erhöhtes Risiko, schwer an COVID-19 zu erkranken. Die gute Nachricht: Die Infektionsrate mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 ist bei transplantierten Menschen niedriger als in der Allgemeinbevölkerung. Der Grund: Sehr viele Patientinnen und Patienten sind sich ihres erhöhten Risikos bewusst und schützen sich mit einer konsequenten Einhaltung der Hygieneempfehlungen und Kontaktbeschränkungen vor einer Ansteckung.1

Aber was ist, wenn es bei transplantierten Menschen doch zu einer Infektion kommt? Betroffene stellen sich die berechtigte Frage: Lässt sich durch eine frühzeitige und gezielte Therapie das Risiko eines schweren COVID-19-Verlaufs senken? Und kann man auch möglichen Langzeitfolgen, bekannt als Long COVID, vorbeugen? Dieser Beitrag gibt Antworten.

Was genau versteht man unter Long COVID und Post COVID?

Über Long COVID und Post COVID ist in den Medien viel zu lesen und zu hören. Beide Begriffe bezeichnen gesundheitliche Beschwerden, die im Anschluss an die akute COVID-19-Erkrankung mit deren typischen Symptomen wie Husten und Fieber auftreten können. Unter dem Begriff Long COVID versammeln sich Beschwerden, die nach einer SARS-CoV-2-Infektion über die akute Krankheitsphase hinaus mehr als vier Wochen andauern oder auch neu auftreten. Das können sehr unterschiedliche körperliche und psychische Symptome wie eine ständige Erschöpfung (Fatigue) und Konzentrationsstörungen sein.

Der Begriff Post COVID fasst indes Beschwerden zusammen, die länger als zwölf Wochen nach der SARS-CoV-2-Infektion andauern und die nicht anderweitig erklärt werden können. Nach diesen beiden Definitionen ist also der Begriff Post COVID im Begriff Long COVID mit eingeschlossen, weshalb meist nur von Long COVID gesprochen wird, wenn Langzeitfolgen von COVID-19 gemeint sind.2 

Eine Dame mit medizinischer Maske schaut freundlich in die Kamera
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Was ist der beste Schutz vor Long COVID? Vorsicht plus Vorbeugung! 

Auch wenn sich mit der Omikronvariante des Coronavirus SARS-CoV-2 die Ansteckungsgefahr im Vergleich zu früheren Virusvarianten erhöht hat, kann man sich mit einer konsequenten Einhaltung der Hygieneempfehlungen und Kontaktbeschränkungen nach wie vor gut vor einer Ansteckung schützen. Das gilt für transplantierte Menschen und die Allgemeinbevölkerung gleichermaßen. Wer die AHA+L+A-Formel kennt und im Alltag konsequent anwendet, hat bereits sehr viel für den eigenen Schutz und ebenso den Schutz von Kontaktpersonen getan. Die AHA+L+A-Formel umfasst: Abstand halten, Hygiene beachten, im Alltag Maske tragen, regelmäßig lüften und die Corona-Warn-App nutzen. Details zur AHA+L+A-Formel erhalten Sie unter anderem bei infektionsschutz.de, einer Informationswebseite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

Ganz wichtig: Transplantierte Menschen sollten alle Hygieneempfehlungen und Kontaktbeschränkungen möglichst lückenlos einhalten – betontermaßen auch in Phasen gelockerter Regelungen. Dadurch können sie ihr Risiko vor einer Ansteckung konsequent reduzieren.

Ebenso wertvoll wie die eben genannten Vorsichtsmaßnahmen ist die bestmögliche Vorbeugung mittels Impfschutz. Bestmöglich bedeutet: Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt bislang ungeimpften Personen mit Immunschwäche (also gerade auch transplantierten Menschen) ab fünf Jahren eine Grundimmunisierung (1. und 2. Impfdosis) und zwei Auffrischimpfungen mit einem mRNA-Impfstoff.3

Wie äußert sich Long COVID bei transplantierten Menschen? 

Welche Mechanismen grundsätzlich an der Entstehung von Long COVID beteiligt sind, konnte die Forschung noch nicht abschließend klären: Diese Mechanismen sind sehr komplex. Hinzu kommt, dass Long COVID insbesondere für die Patientengruppe der organtransplantierten Menschen bisher gar nicht umfassend untersucht ist. Es gibt jedoch einzelne Studien, die sich mit einem möglichen Zusammenhang einer Organtransplantation, einer Immunsuppression und Long COVID befasst haben.  

Zu nennen ist hier beispielsweise eine Befragung von 30 Menschen mit Herztransplantation, die sich mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert und eine akute COVID-19-Erkrankung durchgemacht hatten. Eine vorläufige Auswertung dieser laufenden Studie ergab, dass die von Long COVID Betroffenen einen schwereren akuten COVID-19-Verlauf hatten als diejenigen, die keine Long-COVID-Symptome aufwiesen. Die häufigsten Long-COVID-Symptome waren Depression, Verwirrung und Konzentrationsschwierigkeiten.4 Eine andere Studie mit 20 lebertransplantierten Menschen dokumentierte als häufigste Symptome bei Long COVID anhaltende Atemprobleme (Dyspnoe) und eine schnelle Ermüdung (Fatigue). Das Positive dabei: Obwohl alle Teilnehmenden auch nach drei Monaten noch milde Long-COVID-Symptome zeigten, erschienen das Transplantat und seine Funktion nicht beeinträchtigt.5 In einer weiteren Studie wurden unter den 50 teilnehmenden nierentransplantierten Menschen mit COVID-19 bei 23 Personen Long-COVID-Symptome festgestellt. Die Fatigue zählte hier ebenfalls zu den häufigsten Symptomen. Es wurde aber keine Verbindung zwischen Long COVID und der Nierenerkrankung und der Transplantation festgestellt.

Ängste, Depression, Fatigue und Konzentrationsschwierigkeiten – sind das nicht auch häufige Long-COVID-Symptome in der Allgemeinbevölkerung? Aufgrund der recht dünnen Studienlage lassen sich derzeit tatsächlich keine gesicherten Aussagen treffen, inwiefern sich Long-COVID-Symptome bei organtransplantierten Menschen anders äußern als bei nichttransplantierten Menschen. Ohnehin darf von Studien nicht auf die individuelle Situation geschlossen werden, die immer einer separaten ärztlichen Abklärung bedarf.  

Es gibt aber deutliche Hinweise, dass über alle Betroffenengruppen hinweg ein schwererer COVID-19-Verlauf die Entstehung und den Schweregrad von Long COVID begünstigt.7 Und das Risiko für einen solchen schweren Verlauf ist bei transplantierten Menschen ja nachweislich erhöht. Folglich gilt es gerade bei transplantierten Personen, einen schweren COVID-19-Verlauf frühzeitig und möglichst effektiv zu verhindern. 

Wie können ein schwerer COVID-19-Verlauf und Long COVID bestmöglich verhindert werden? 

Es gibt inzwischen vermehrt Hinweise darauf, dass die Schutzimpfung nicht nur vor schweren COVID-19-Verläufen schützt, sondern ebenso die Ausprägung von Long-COVID-Symptomen nach einer Durchbruchinfektion mildern kann.8 Daher ist die komplette Schutzimpfung inklusive zweier Auffrischimpfungen auch und besonders für transplantierte Menschen ein sehr wichtiger Schritt, um sich vor einem schweren COVID-19-Verlauf und vor Long-COVID-Symptomen zu schützen.  

Daneben gibt es mittlerweile – anders als zu Pandemiebeginn – zugelassene Medikamente, die direkt gegen das Virus wirken. Weitere Medikamente zur Beeinflussung des COVID-19-Verlaufs und zur bestmöglichen Verhinderung von Long-COVID-Symptomen befinden sich in der Entwicklung und werden deutlich schneller verfügbar sein, als es außerhalb von Pandemiezeiten der Fall wäre.9 

Diese Medikamente lassen sich wie folgt einteilen: 

  • Antivirale Medikamente, die direkt gegen die Aktivität des Coronavirus SARS-CoV-2 wirken. 

  • Herz-Kreislauf-Medikamente, hier vor allem Blutgerinnungshemmer, die vor Komplikationen wie Thrombosen (Blutgerinnseln) schützen sollen. 

  • Dämpfende Immunmodulatoren, die besonders im fortgeschrittenen COVID-19-Stadium eine überschießende selbstschädigende Reaktion des Immunsystems verhindern sollen. 

  • Medikamente für die Erhaltung der Lungenfunktion, die akute Komplikationen und dauerhafte Symptome der Atemwege verhindern oder zumindest reduzieren sollen. 

Welche Medikamente können bei transplantierten Menschen im frühen COVID-19-Stadium eingesetzt werden? 

Die oben erwähnten antiviralen Medikamente verfolgen das therapeutische Ziel, das Virus abzufangen, bevor es in den Atemwegen schwere Schädigungen bewirken kann. Hier werden einerseits klassische Virushemmer (Virostatika) eingesetzt, die es schon länger als zugelassene Arzneimittel gibt. Die meisten Neuentwicklungen in diesem Bereich basieren hingegen auf antiviralen Antikörpern, die gentechnisch hergestellt werden.9 Aufgrund ihres therapeutischen Ziels sollten die antiviralen Medikamente in der Frühphase einer COVID-19-Erkrankung Anwendung finden (möglichst innerhalb von sieben Tagen nach Symptombeginn).  

Die Deutsche Transplantationsgesellschaft sieht die antiviralen Antikörper auch für organtransplantierte Personen gut geeignet, weil bei ihnen „ebenfalls von einer Risikoverbesserung auszugehen“ sei. Antivirale Antikörper seien aber nicht nur nach bereits erfolgter Infektion eine Option für Transplantierte, sondern ebenfalls als „passive Impfung“ (auch: Präexpositionsprophylaxe) für Menschen geeignet, die nach den Schutzimpfungen keine ausreichenden Antikörperantworten entwickeln.10  

Informieren Sie sich in Ihrer ärztlichen Praxis über die bestehenden Möglichkeiten der Schutzimpfung gegen SARS-CoV-2 und der Präexpositionsprophylaxe. Die beste Therapie ist nach wie vor der Schutz vor Ansteckung beziehungsweise vor einem schweren Krankheitsverlauf. 

Quellen:

1. Deutsche Transplantationsgesellschaft e. V. Pressemitteilung: SARS-COV-2: Was bedeutet die Pandemie für transplantierte Menschen? https://idw-online.de/de/news777106 (zuletzt besucht am 06.07.2022)
2. Robert Koch-Institut (RKI). Was ist Long-COVID/Post-COVID? https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/FAQ_Long-COVID_Definition.html (zuletzt besucht am 06.07.2022)
3. Robert Koch-Institut (RKI). COVID-19 und Impfen: Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ). https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/COVID-Impfen/gesamt.html;jsessionid=688584A8388EDA67BF0F71ED2055FF6A.internet051 (zuletzt besucht am 06.07.2022)
4. Sigler R, Chen B, Bharti A, Aslam S. Long COVID-19 in Heart Transplant Recipients. The Journal of Heart and Lung Transplantation. Volume 41, Issue 4, Supplement, April 2022, Page S278. doi: 10.1016/j.healun.2022.01.682
5. Tejedor-Tejada J, Fuentes-Valenzuela E et al. COVID-19 and Short- and Medium-term Outcomes in Liver Transplant Patients: A Spanish Single-center Case Series. J Clin Exp Hepatol. 2022 Mar-Apr;12(2):689-695. doi: 10.1016/j.jceh.2021.05.009.
6. Dogas T, Brkovic T, Novak I, Radic J. COVID-19 in kidney transplant recipients; a DALMATIAN single-center experience. Ther Apher Dial. 2022 Jun 9. doi: 10.1111/1744-9987.13894
7. Robert Koch-Institut (RKI). Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Coronavirus SARS-CoV-2 / Krankheit COVID-19. https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/gesamt.html;jsessionid=DCE7FB7D6F4071E62E141D39A5617D42.internet081?nn=13490888 (zuletzt besucht am 06.07.2022)
8. UK Health Security Agency. The effectiveness of vaccination against long COVID – A rapid evidence briefing. https://ukhsa.koha-ptfs.co.uk/cgi-bin/koha/opac-retrieve-file.pl?id=fe4f10cd3cd509fe045ad4f72ae0dfff (zuletzt besucht am 06.07.2022)
9. vfa. Die forschenden Pharma-Unternehmen. Therapeutische Medikamente gegen die Coronavirusinfektion Covid-19. https://www.vfa.de/de/arzneimittel-forschung/woran-wir-forschen/therapeutische-medikamente-gegen-die-coronavirusinfektion-covid-19 (zuletzt besucht am 06.07.2022)
10. Deutsche Transplantationsgesellschaft (DTG). Newsletter COVID-19. https://www.d-t-g-online.de/images/COVID-19_Info-17.pdf (zuletzt besucht am 06.07.2022)