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Eine Organspende von einem lebenden Menschen ist grundsätzlich nur möglich, wenn dessen Gesundheit durch den Eingriff langfristig nicht gefährdet wird und die Spende absolut freiwillig ist. Daher gibt es strenge rechtliche Vorgaben, die die Lebendspende von Organen regeln.

Zudem müssen vor der Lebendspende verschiedene medizinische Voraussetzungen überprüft werden – von der Gesundheit des Spenders bis zu der Frage, ob Blutgruppe und Gewebe von Spender und Empfänger zueinanderpassen.

Bisher ist in Deutschland die Lebendspende nur für das Spenden einer Niere oder eines Teils der Leber eine etablierte Methode. Die Lebendspende eines Lungenflügels ist möglich, aber derzeit noch keine gängige Methode, da sie schwerwiegende Auswirkungen auf den Körper haben kann.

In den letzten zehn Jahren wurden in Deutschland jährlich zwischen 2000 und 3000 Nieren transplantiert, davon durchschnittlich 28 Prozent nach einer Lebendspende. Lebendspenden der Leber sind seltener: Hier macht der Anteil der Lebendspende eines Teils der Leber nur durchschnittlich 6,5 Prozent der Lebertransplantationen der letzten 10 Jahre aus1,2.

Ein Mann hält mit beiden Händen einen herzförmigen Sticker mit der Aufschrift „Organspender retten Leben“
iStock-479777986_CatLane

Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Lebendspende

Um die physische und psychische Gesundheit des Spenders zu schützen und den Handel mit Organen zu verhindern, macht das deutsche Transplantationsgesetz (TPG) strenge Vorgaben zur Lebendspende2,3. Grundsätzlich erlaubt der Gesetzgeber eine Lebendspende nur, wenn zum Zeitpunkt der Entnahme kein geeignetes Organ eines Verstorbenen zur Verfügung steht. Dies trifft angesichts der langen Wartezeiten auf die Organe fast immer zu.

Um sicherzustellen, dass die Transplantation medizinisch möglich und notwendig ist, muss der potenzielle Empfänger die Kriterien für die Warteliste für eine Organspende erfüllen und auch auf diese Warteliste aufgenommen werden.

Schließlich muss die zuständige Ethikkommission der Landesärztekammer (Lebendspendekommission) die Transplantation in einem Gutachten befürworten. Diese Kommission überprüft, ob sich Spender und Empfänger tatsächlich nahestehen und dem Eingriff wirklich zustimmen.

Der Spender muss3:

  • volljährig und einwilligungsfähig sein.
  • nach ärztlicher Beurteilung (auf Basis medizinischer Untersuchungen) in einem guten Gesundheitszustand sein, sodass der Eingriff kein großes Risiko darstellt.
  • mit dem Empfänger verwandt sein oder ihm in besonderer persönlicher Verbundenheit nahestehen (Verwandte ersten oder zweiten Grades, Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Verlobte oder sehr enge Freunde).
  • durch einen Arzt aufgeklärt werden (etwa über Zweck und Art des Eingriffs, die durchzuführenden Untersuchungen, Risiken und mögliche Folgen des Eingriffs, Maßnahmen zum Schutz des Spenders, die zu erwartende Erfolgsaussicht der Transplantation). Die Aufklärung des Spenders muss in Anwesenheit eines weiteren Arztes erfolgen, der weder an der Entnahme noch an der Übertragung des Organs beteiligt sein darf.
  • freiwillig in die Entnahme einwilligen.
  • sich zur Teilnahme an einer ärztlich empfohlenen Nachbetreuung bereit erklären.

Die medizinischen Voraussetzungen: Passen Blutgruppe und Gewebe?

Eine der wichtigsten Voraussetzungen bei einer Organtransplantation ist grundsätzlich, dass die Blutgruppe und das Gewebe von Spender und Empfänger zueinander passen, also „kompatibel“ sind. Doch auch wenn dies nicht der Fall ist, gibt es Möglichkeiten, wie eine Lebendspende dennoch gelingen kann.

Die Grafik zeigt, welche Blutgruppen untereinander verträglich sind
Novartis

Die Blutgruppe bei Organtransplantationen: Wie bei einer Blutspende sollten auch bei einer Organspende die Blutgruppen zueinanderpassen. Es gibt vier verschiedene Blutgruppen (A, B, AB und 0). Bei Menschen mit Blutgruppe A oder B befinden sich auf den Körperzellen bestimmte Zuckermoleküle. Körperzellen von Menschen mit Blutgruppe AB weisen beide Zuckermoleküle auf. Wer Blutgruppe 0 hat, dessen Körperzellen weisen keine Blutgruppen-Zuckermoleküle auf. Gleichzeitig hat jeder Mensch Antikörper gegen die fremden Blutgruppen-Zuckermoleküle: Menschen mit Blutgruppe A haben Antikörper gegen Blutgruppe B und umgekehrt. Wer Blutgruppe 0 hat, besitzt Antikörper gegen A und B. Menschen mit Blutgruppe AB haben dagegen keine Antikörper gegen Blutgruppen-Zuckermoleküle.

Das bedeutet: Menschen mit Blutgruppe AB können Organe von allen Spendern bekommen, aber nur an AB spenden. Menschen mit Blutgruppe 0 sind sogenannte „Universalspender“ – sie können an alle Blutgruppen spenden, dafür aber nur von der gleichen Blutgruppe eine Spende erhalten4.

Eine Unverträglichkeit der Blutgruppen bezeichnen Mediziner auch als AB0-Inkompatibilität. In diesem Fall würde das Abwehrsystem des Empfängers das neue Organ als Bedrohung einstufen, und es würde zu einer akuten Organabstoßung kommen. In diesem Fall kann eine AB0-inkompatible Lebendspende in Frage kommen.

AB0-inkompatible Lebendspende bei Blutgruppenunverträglichkeit

Natürlich ist die Möglichkeit einer Transplantation mit passender Blutgruppe das, was sich Patient, Spender und die Ärzte wünschen. Doch auch bei einer Blutgruppenunverträglichkeit (AB0-Inkompatibilität) ist eine Transplantation möglich, vor allem bei einer Lebendspende der Niere. Dafür müssen vor der Nierenspende und der Transplantation die Blutgruppen-Antikörper aus dem Blut des Empfängers entfernt werden. Dafür sind verschiedene Maßnahmen notwendig4,5,6.

Vier Wochen vor der Transplantation wird mit der Gabe eines bestimmten Medikaments die Neubildung der Blutgruppen-Antikörper unterdrückt.

Eine Woche vor der Transplantation muss der Empfänger mit der Einnahme der Immunsuppressiva beginnen. Zusätzlich werden mit einer Art „Blutwäsche” (Immunadsorption) verbliebene Blutgruppen-Antikörper aus dem Blut entfernt.

Die weitere Behandlung – also Operation und Nachsorge – unterscheidet sich kaum von der Blutgruppen-kompatiblen Nierenspende. Abstoßungs- und Infektionsgefahr sind in der Frühphase nach der Transplantation gegenüber einer Blutgruppen-kompatiblen Transplantation nur leicht erhöht. Nierenfunktion und die Lebenserwartung sind nach mehreren Jahren vergleichbar mit einer Blutgruppen-kompatiblen Spende5,7,8.  

ABO-inkompatible Leber-Lebendspenden: Diese werden in Deutschland und Europa bisher selten praktiziert. Dennoch gibt es weltweit gesehen sehr gute Erfahrungen mit diesem Verfahren. Da Säuglinge und Kleinkinder noch kaum Antikörper gegen andere Blutgruppen bilden, ist die inkompatible Leberspende für diese Gruppe möglich.

Die passenden Gewebemerkmale und die Cross-over-Lebendspende

Besonders für die Nierentransplantation ist auch eine weitgehende Übereinstimmung von bestimmten Gewebemerkmalen (HLA-Antigene) wichtig. Dadurch wird das Risiko späterer Abstoßungsreaktionen gegen das Organ geringer. Die Übereinstimmung der Gewebemerkmale wird vor jeder Transplantation genau untersucht. Stimmen die Gewebemerkmale von Spender und Empfänger bei einer Lebendspende nicht ausreichend überein, kann eine „Überkreuz-Lebendspende” (Cross-over-Lebendspende) zwischen zwei Spender-Empfänger-Paaren infrage kommen9.

Die Grafik zeigt, welche Corss-over-Möglichkeiten bei unterschiedlichen Blutgruppen von Spender und Empfänger bestehen
Novartis

Cross-over-Lebendspende:

Eine Überkreuz-Lebendspende kann stattfinden, wenn ein zweites Spender-Empfänger-Paar gefunden wird, dessen Gewebemerkmale und Blutgruppen passend sind. Dann erhält der Empfänger von Paar 1 eine Niere des Spenders von Paar 2, und umgekehrt: Empfänger 2 erhält eine Niere von Spender 19,10.

Allerdings ist für eine Cross-over-Lebendspende ein hoher organisatorischer Aufwand notwendig: Zunächst muss ein passendes Paar gefunden werden, dann müssen rechtliche Hürden genommen werden. Die zwei Paare müssen sich persönlich kennenlernen und vor einer Lebendspendekommission glaubhaft versichern, dass sie bereit sind, dem anderen Empfänger die Niere zu spenden.

Die Entnahmen und Transplantationen werden möglichst zeitgleich durchgeführt, um zu verhindern, dass „in letzter Minute” noch ein Partner abspringt9,10.

In Deutschland sind Cross-over-Lebendspenden zwischen zwei Paaren (siehe rechtliche Voraussetzungen) mit dem deutschen Transplantationsgesetz vereinbar, stellen also keinen verbotenen Organhandel dar. Ein „Ringtausch“ oder eine „Poolspende“, die jeweils mehrere Spender und Empfänger einschließen, sind in einigen europäischen Ländern, jedoch nicht in Deutschland, erlaubt9.

Quellen

1. Deutsche Stiftung Organtransplantation. www.dso.de (zuletzt besucht am 13.12.2020)
2. https://www.organspende-info.de/lebendorganspende/voraussetzungen.html (zuletzt besucht am 07.12.2020)
3. Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben, letzte Änderung vom 14. Oktober 2020. https://www.gesetze-im-internet.de/tpg/BJNR263100997.html (zuletzt besucht am 07.12.2020)
4. Patienteninformation zur Blutgruppeninkompatiblen Nierenspende, Transplantationszentrum Freiburg (https://www.uniklinik-freiburg.de/medizin4/transplantationszentrum/abo-inkompatible-lebendspende/abopatienteninformation.html, zuletzt besucht am 11.12.2020)
5. Informationen zur Lebendnierenspende für Spender und Empfänger, Transplantationszentrum München (https://www.mri.tum.de/sites/default/files/seiten/transplantum_information_nierenlebendspende.pdf, zuletzt besucht am 11.12.2020)
6. Medizinischer Beirat von „Transplantation verstehen"
7. Massie AB, Orandi BJ, Waldram MM:  Impact of ABO-Incompatible Living Donor Kidney Transplantation on Patient Survival. American Journal of Kidney Diseases, Volume 76, Issue 5, November 2020, Pages 616-623. https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0272638620307939 (zuletzt besucht am 11.12.2020)
8. Rivera CF, Rodriguez MC, Muniz AL: ABO icompatible live donor renal transplant. Study of 48 patients after desensitization. Nefrologia. 2019;39:612–622 (https://www.revistanefrologia.com/en-pdf-S2013251419301695, zuletzt besucht am 11.12.2020)
9. Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages: Die Cross-over-Lebendspende, 2017 (https://www.bundestag.de/resource/blob/516746/1626054b26217e351195403f2f41661f/wd-9-022-17-pdf-data.pdf, zuletzt besucht am 11.12.202)
10. Liefeldt L, Giessing M, Fuller TF et al.: Lebendnierentransplantation. Nephrologe 2006; 1: 63–70.

Sonstige Quellen:
Guthoff M, Wernet D, Steurer W, Heyne N: AB0-inkompatible Nierentransplantation. Dtsch med Wochenschr 2009; 134(50): 2577.
Jones J, Hampel C: Erweiterung des Donorpools in der Nierentransplantation. Urologe 2009; 48: 1459-63.