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Eine Organtransplantation kann Leben retten. Doch ohne die Behandlung mit immunsuppressiven Medikamenten wäre eine erfolgreiche Transplantation nicht möglich. Immunsuppressiva unterdrücken die Abwehrreaktion des Immunsystems gegen das implantierte Organ und verhindern so dessen Abstoßung.

Körpereigenes Abwehrsystem und Abstoßung des Organs

Die Abstoßung ist eine Reaktion des körpereigenen Abwehrsystems auf das neue, unbekannte Organ: Das Immunsystem erkennt das Transplantat als „fremd“ und versucht, es zu zerstören. Wenn es um die Bekämpfung von Keimen, Erregern und Viren geht, ist diese Reaktion äußerst wichtig. Nach der Transplantation eines Spenderorgans würde diese Reaktion jedoch dazu führen, dass der Körper das neue Organ abstößt.

Die Abstoßung ist eine Entzündungsreaktion des Körpers: Sie beginnt damit, dass bestimmte Entzündungs- beziehungsweise Immunzellen (etwa T-Zellen oder T-Lymphozyten) Antigene auf dem neuen Organ als „fremd“ erkennen. Die T-Zellen lösen dann eine Immunantwort aus. Dazu zählt unter anderem die Ausbildung weiterer T-Zellen und Killerzellen (spezialisierte T-Zellen). Diese dringen in das Gewebe des neuen Organs ein und verursachen Entzündungen. Die von den T-Zellen ausgelösten Reaktionen nennt man auch zelluläre Immunabwehr / Abstoßung.

Zusätzlich werden von anderen Immunzellen – den B-Zellen – Antikörper gebildet, die sich gegen das Gewebe des neuen Organs richten. Diese Antikörper greifen besonders die Blutgefäße des transplantierten Organs an. Die Wirkungen dieser Antikörper werden als humorale Immunabwehr / Abstoßung bezeichnet.

Immunsuppressiva schützen vor einer Abstoßungsreaktion

Novartis
Immunsuppression-Wirkung
Novartis

Wie Immunsuppressiva wirken: Immunsuppressive Medikamente sorgen dafür, dass die Immunzellen in ihrer Funktionsfähigkeit eingeschränkt werden. Dieser Zustand wird Immunsuppression genannt. So wird eine Abstoßungsreaktion verhindert oder eingedämmt. Besonders im ersten Jahr nach einer Organtransplantation ist es nicht ungewöhnlich, dass kleinere Abstoßungsreaktionen auftreten. Wichtig ist, diese schnell zu erkennen, damit der behandelnde Arzt die Dosis der Immunsuppressiva anpassen kann: Dadurch wird eine Schädigung des neuen Organs oft verhindert.

Was sind Immunsuppressiva und welche gibt es?

Es gibt mehrere Arten von Immunsuppressiva, auch Substanzklassen genannt. Je nach transplantiertem Organ und medizinischen Voraussetzungen beim Patienten werden diese Substanzklassen individuell zusammengestellt1,2.

Kortikosteroide (Kortison-Präparate) hemmen das Immunsystem an mehreren Stellen. Sie unterbinden die Anlagerung und Aussendung von Botenstoffen, also die Signalübertragung zwischen den Zellen. Dadurch verhindern sie, dass sich neue Immunzellen bilden und vermehren.

Calcineurin-Hemmer verhindern, dass teilweise aktivierte T-Zellen sich vollständig aktivieren. Hierzu gehören die Wirkstoffe Ciclosporin (Cyclosporin A) und Tacrolimus.

mTOR-Hemmer wie Sirolimus und Everolimus setzen einen Schritt später an. Sie verhindern die Zellteilung der T-Zellen und damit deren Vermehrung.

DNA-Synthese-Hemmer stören ebenfalls die Zellteilung der T-Zellen. Hierzu gehören die Wirkstoffe Mycophenolsäure und Azathioprin.

Spezielle Antikörper zerstören gezielt die für die Immunabwehr wichtigen T- und B-Zellen. Diese Antikörper werden in manchen Fällen und nur für kurze Zeit um die Transplantation herum eingesetzt, wenn eine besonders starke Immunsuppression notwendig ist. Zu den Wirkstoffen dieser Substanzklasse gehören etwa Anti-Thymozytenglobulin, Anti-Lymphozytenglobulin und der gegen den Interleukin-2-Rezeptor gerichtete Antikörper Basiliximab.

Direkt nach einer Organtransplantation werden meist drei verschiedene Substanzklassen kombiniert. Häufig besteht die immunsuppressive Behandlung aus Kortikosteroiden, einem Calcineurin-Hemmer und einem Wirkstoff aus einer anderen Substanzklasse (entweder einem mTOR-Inhibitor oder einem DNA-Synthese-Hemmer).

Die Grafik zeigt, wie die Dosierung der Immundepressiva individuell auf den Patienten eingestellt wird
Novartis

Wenn keine Abstoßung auftritt, kann eventuell nach einigen Wochen die Dosis verringert werden. Außerdem kann versucht werden, die Behandlung mit nur zwei Immunsuppressiva fortzuführen, indem beispielsweise die Kortikosteroide langsam in der Dosis „ausgeschlichen“ werden. Alle Veränderungen von Medikamenten und Dosierungen müssen in enger Abstimmung mit dem behandelnden Arzt erfolgen, Patienten sollten diese niemals selbstständig vornehmen. Nach einer Transplantation ist eine lebenslange Immunsuppression notwendig – auch deshalb ist es wichtig, die optimale Dosierung und Kombination der Medikamente immer wieder zu überprüfen, um Nebenwirkungen zu minimieren.

Nebenwirkungen von Immunsuppressiva

Immunsuppressiva machen eine Transplantation erst möglich – doch da sie in komplexe Abläufe des Körpers eingreifen, können immunsuppressive Medikamente auch zu unerwünschten Nebenwirkungen führen. Deshalb werden verschiedene vorbeugende und behandelnde Maßnahmen ergriffen. Es ist zusätzlich wichtig, dass Transplantierte die häufigsten Nebenwirkungen kennen. Denn auch Sie selbst können dazu beitragen, Nebenwirkungen vorzubeugen oder sie abzuschwächen.

Die wichtigsten Nebenwirkungen von Immunsuppressiva – und welche Maßnahmen helfen

Erhöhte Infektanfälligkeit: Die immunsuppressive Behandlung bewirkt eine Schwächung des körpereigenen Abwehrsystems: Deshalb kann es Viren, Bakterien und Pilze nicht mehr so effektiv abwehren wie zuvor. Vor allem in der ersten Zeit nach der Transplantation (bei noch hoher Dosis immunsuppressiver Medikamente) ist deshalb die Infektanfälligkeit erhöht. Infekte können von Bakterien, Viren oder Pilzen ausgelöst werden. Gegen alle drei Arten von Infektionen müssen in den ersten Monaten nach der Transplantation vorbeugend (prophylaktisch) Medikamente eingenommen werden.
Dazu gehören beispielsweise Antibiotika (gegen bakterielle Infektionen) und Medikamente gegen Cytomegalie-Virus-Infektionen (CMV-Infektionen). Um Pilzinfektionen, etwa in Mundhöhle und Rachenraum (Soor), vorzubeugen, werden Mundspülungen eingesetzt. Wenn die Dosis der Immunsuppressiva nach einigen Monaten verringert wird, können die Medikamente zur Infektionsprophylaxe meist abgesetzt werden.
Mehr Informationen hierzu bietet das Spezialthema „Infektionen“.

Wichtig sind zudem eine sorgfältige Körperpflege und Hygiene, um Infektionen vorzubeugen. Auch beim Kochen (keimarme Ernährung) und in Haus und Garten kann man auf einige Dinge achten. Informationen hierzu sind im Artikel „Das Leben nach der Transplantation genießen“ und in unserer Bruoschüre „Meine Transplantation von A bis Z“ zu finden.

Diabetes mellitus beziehungsweise Post-Transplant-Diabetes: Um eine Erhöhung des Blutzuckerspiegels früh zu erkennen, werden regelmäßige Blutzuckermessungen durchgeführt. Ein erhöhter Blutzuckerspiegel wird mit Insulin oder Tabletten zur Blutzuckerregulation behandelt. Bewegung und Sport sowie eine blutzuckerfreundliche Ernährung sind vorbeugend und begleitend hilfreich10.

Erhöhte Blutfettwerte: Behandlung mit blutfettsenkenden Medikamenten.

Erhöhter Blutdruck: Behandlung mit blutdrucksenkenden Medikamenten. Sport und Bewegung wirken vorbeugend sowie als Bestandteil der Therapie.

Erhöhtes Tumorrisiko (z. B. Tumore der Haut und des Lymphsystems): Diese können langfristig auftreten – daher sind regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen wichtig, etwa beim Hautarzt.

Verminderung der Knochendichte (Osteoporose): Hier helfen knochenschützende Medikamente. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen und Sport wirken vorbeugend.

Weitere mögliche Nebenwirkungen können etwa Magenprobleme, Nierenschäden oder Muskelschwäche sein. Sie können mit entsprechenden Medikamenten behandelt werden. Auch hier ist es wichtig, regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen und Veränderungen des Gesundheitszustandes zeitnah mit dem behandelnden Arzt zu besprechen.

Was Patienten selbst tun können

Eine gesunde Lebensweise, insbesondere regelmäßiger Sport und eine gesunde Ernährung, trägt dazu bei, gesundheitlichen Beschwerden vorzubeugen oder diese abzuschwächen. Da Nebenwirkungen wie Diabetes, erhöhte Blutdruck- und Blutfettwerte langfristig zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen können und Sport diesen vorbeugt, sollte er ein regelmäßiger Bestandteil des Alltags sein.

Mehr Informationen bietet die Broschüre „Nach der Transplantation: Fit durch Bewegung!“  

Quellen

1. Krukemeyer MG, Lison AE: Transplantationsmedizin. De Gruyter Verlag, Berlin 2006.
2. Halloran PF: Immunosuppressive drugs for kidney transplantation. N Engl J Med 2004; 351(26): 2715-29.
3. Girndt M: Impfungen nach Organtransplantation. Faltblatt
4. Renders L, Kunzendorf U: Immunsuppressive Medikamente in der Therapie nach Nierentransplantation. Nephrologe 2007, 2: 157-166
5. Naci H, Ioannidis JPA: Comparative effectiveness of exercise and drug interventions on mortality outcomes: meta epidemiological study. BMJ 2013; 347: f5577.
6. Medizinischer Beirat von von „Transplantation verstehen“
7. https://www.pschyrembel.de/Immunsuppressiva/K0AMF (zuletzt besucht am 12.11.2020)
8. https://www.pschyrembel.de/Absto%C3%9Fungsreaktion/K01HA (zuletzt besucht am 12.11.2020)
9. https://www.uniklinikum-leipzig.de/einrichtungen/transplantationszentrum/Freigegebene%20Dokumente/leben-mit-transplantation-transplantationszentrum-uniklinikum-leipzig.pdf (zuletzt besucht am 12.11.2020)
10. Diabetes und Herztransplantation. Loebe M, Ramasubbu K, Hamilton DJ.Loebe M, et al. Clin Res Cardiol. 2006 Jan;95 Suppl 1:i48-53